Die Gemeine Alraune (Mandragora officinarum) ist eine Pflanze aus der Familie der Nachtschattengewächse. Sie wird auch Mandragora oder „Menschenpflanze“ genannt. Die Pflanze wurde früher wegen ihrer medizinischen Eigenschaften als Heilpflanze genutzt. In den Niederlanden wird angenommen, dass ihr dortiger Name „alruin“ möglicherweise auf Al-Biruni zurückgeht, einen persischen Philosophen, Astrologen, Historiker und Pharmakologen aus dem 11. Jahrhundert. Oberirdisch besitzt die Alraune große ovale Blätter, aber es geht bei dieser Pflanze um die Wurzel, die etwa 20 Zentimeter lang wird und giftige Alkaloide enthält. Sie schmeckt herb und widerwärtig und von ihrem Geruch heißt es in den Überlieferungen, dass er den Menschen die Sprache verschlägt. Weiter besagen die Geschichten, dass die männliche Mandragora weiß sei und die weibliche dunkelbraun bis schwarz. Die Pflanze wurde früher als Narkotikum, Schmerzmittel und auch als Halluzinogen eingesetzt, unter anderem in sogenannten Flug- oder Hexensalben. Aufgrund ihrer bewusstseinsverändernden Wirkung spielte die Pflanze eine wichtige Rolle in der Magie und der Hexerei. Ihr wurde eine starke Zauberkraft zugeschrieben.
Die Mandragora ist hauptsächlich in den Ländern des Mittelmeerraums, d.h. in Südeuropa, Nordafrika und im Nahen Osten verbreitet. Den Erzählungen nach wächst sie bevorzugt auf Galgenfeldern, da sie aus dem Samen von gehängten Verbrechern sprießen soll. Aufgrund der Verzweigungen der Wurzel kann man darin mit etwas Fantasie eine Ähnlichkeit mit dem menschlichen Körper erkennen. Schon Pythagoras beschrieb die Wurzel als einen Miniaturmenschen.
Die Alraune behält ihre Umgebung unablässig genau im Auge. Wenn sich ein Wurzelsammler nähert, zieht sie blitzschnell den Kopf ein und verschwindet im Erdboden. Man muss die Alraune also überraschen, indem man sich vorsichtig anschleicht. Da sich ihre Augen wie beim Menschen an der Vorderseite befinden, nähert man sich der Pflanze vorzugsweise still und heimlich von hinten.
Sobald der Wurzelsammler nah genug herangekommen ist, muss er sofort auf die Mandragora urinieren. Sie kann sich dann nicht mehr in den Boden zurückziehen. Beim Ausgraben der Pflanze, am besten mit einer silbernen Schaufel, muss der untere Teil der Wurzel im Boden bleiben. Außerdem darf die Pflanze auf keinen Fall mit bloßen Händen angefasst werden, jede Berührung würde zum Tode führen.
Es gibt noch einen weiteren Grund, weshalb man beim Sammeln von Alraunen sehr vorsichtig vorgehen muss. Der Schrei, den die Pflanze ausstößt, wenn man sie aus dem Boden zieht, kann einen Menschen töten. Häufig nutzt man deshalb einen Hund mit schwarzem Fell (der Farbe des Todes und des Bösen), um die Wurzel zu ernten. Der Wurzelsammler stopft sich Bienenwachs in die Ohren und bindet den Hund mit einer Schnur an die Alraune. Anschließend lockt man ihn mit etwas Fleisch von der Fundstelle weg, wobei er die Pflanze aus dem Boden zieht. Das Tier stirbt an dem markerschütternden Schrei, während der Mensch dank der mit Wachs verschlossenen Ohren unversehrt bleibt.
Bei einer anderen überlieferten Technik ziehen Wurzelsammler zuerst wiederholt einen Kreis um die Pflanze und schneiden dann ihre Spitze ab, während sie den Blick nach Westen richten. Den Rest der Wurzel ziehen sie aus dem Boden, nachdem sie zeremonielle Sprüche aufgesagt und rituelle Tänze aufgeführt haben.
Um die Mandragora nach der Entwurzelung milde zu stimmen und um ihre Zauberkraft zu erhalten, muss sie jede Woche einmal in Rotwein bei Zimmertemperatur gebadet werden. Anschließend füttert man sie mit Milch und Kuchen, kleidet sie in ein Mäntelchen aus weißer Seide und legt sie ins Bett.
Insbesondere die männliche Mandragora ist wegen ihrer besonderen Kräfte sehr wertvoll. So bewirkt sie zum Beispiel, dass einem nie das Geld ausgeht, egal wie viel man ausgibt. Außerdem bringt sie Liebe, Glück und Fruchtbarkeit in das Haus, in dem sie aufbewahrt wird. Und zu guter Letzt sagt die Alraune auch die Zukunft voraus und antwortet auf alle Fragen mit der Wahrheit.
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