Unsere Seekühe (Karibik-Manatis) haben – mit ihren durchschnittlich 500 Kilo – sicherlich eine Größe, bei der man keine Lupe oder gar ein Mikroskop benötigt, um sie zu untersuchen. Das ändert sich jedoch, wenn man die Haut der Seekühe oder das Wasser, in dem sie schwimmen, mikrobiologisch analysieren möchte. Die Zeit des Übergangs von dem ehemaligen Seekuhbecken im Zoobereich Bush in das neue Bassin in der Mangrove ist aus wissenschaftlicher und gerade auch aus mikrobiologischer Perspektive besonders interessant.
Zuerst ein Blick auf das Tier selbst
„Life Science“-Studentin Nancy Krauth von der Hochschule Fontys Hogeschool Eindhoven ist eigentlich Expertin für die kleinen, mit dem bloßen Auge nicht sichtbaren Lebewesen. Sie begann jedoch ihr Forschungspraktikum im März 2017 zunächst mit einer mehrwöchigen Beobachtung des Seekuhverhaltens. Schließlich war damals gerade erst ein junges Sehkuhweibchen aus dem Odenser Zoo in Arnheim eingetroffen. Die Einführung eines Neuzugangs ist keine alltägliche Situation, und so erschien es uns interessant und sinnvoll, die Eingewöhnungsphase gründlich beobachten und beschreiben zu lassen.
Probenentnahme
Nach dieser kleinen Verhaltensuntersuchung richtete Nancy ihre Aufmerksamkeit auf Algen, Bakterien, Einzeller und andere Kleinstlebewesen. Sie schlüpfte in den Neoprenanzug und stieg ins Seekuhbecken im Bush. Ein Objekt ihrer Untersuchungen waren die Mikroorganismen im Wasser. Zu diesem Zweck nahm Nancy zunächst an verschiedenen Stellen im Becken zwanzig Zentimeter unter der Oberfläche Wasserproben. Die Voruntersuchung ergab, dass vor allem die Gegend um den Filterzustrom ein Paradies für Mikroorganismen ist. Auch die Haut der Seekühe sollte genauer betrachtet werden. Wer öfter in Burgers’ Zoo ist, hat den Algenbewuchs auf dem Rücken der Seekühe sicher schon gesehen. Aber sind das wirklich Algen? Um das herauszufinden, sollten Proben von der Hautoberfläche genommen werden. Das tut einer Seekuh nicht weh. Man schabt nur an der Haut entlang, so als würde die Seekuh sich an einer Mauer oder einem Baumstamm kratzen. Es blieb jedoch nur ein erwachsenes Weibchen – verführt durch ein paar Leckerbissen – lange genug still liegen, um eine Probe von ihrem Rücken zu entnehmen.
Dann halt beim Transport!
Für den Umzug in ihr neues Zuhause mussten die drei Seekühe aus dem Wasser gehievt werden und an Land einige Minuten lang still liegen bleiben, um tierärztlich untersucht zu werden. Die perfekte Gelegenheit, um Proben des Bewuchses auf ihrem Rücken zu nehmen! Unter dem Mikroskop war zu erkennen, dass sich auf der furchigen Seekuhhaut allerlei Wasserfauna und -flora befindet, und zwar in einer deutlich höheren Konzentration als im Wasser!
Grüner Belag
Die grüne Schicht auf dem Rücken unserer Seekühe wird hauptsächlich durch grüne Faseralgen der Gattung Ulothrix verursacht. Diese Alge bildet ihrerseits den „Haftgrund“ für zahlreiche andere Arten, wie verschiedene Arten sessiler (festsitzender) Algen, Schwämme und einzellige Kieselalgen. Auch das Trompetentierchen (Stentor sp, ein einzelliges Wimpertierchen) und Amöben sind in dem Netz aus Faseralgen in großer Zahl vorhanden.
Veränderung im neuen Becken
Algenwuchs auf dem Rücken von Seekühen ist ganz natürlich und kommt auch in der Natur vor. Soweit bekannt, stört er die Seekühe nicht und bietet sicher keinen Grund zur Sorge. Dennoch scheinen unsere Seekühe, nachdem sie nun einige Wochen in ihrem neuen Becken geschwommen sind, etwas heller – man könnte auch sagen „sauberer“ – geworden zu sein. Der Grund dafür ist gut zu erkennen, wenn die Seekühe an de Panoramascheibe entlangschwimmen: Allerlei kleine Fische, vor allem Gambusen und Schwertträger, knabbern gerne an der Haut unserer Seekühe. Für sie ist die artenreiche Flora und Fauna auf dem Rücken der grauen Riesen ein reichhaltiges Büfett!
Nachfolger
Nancy Krauth ist bei Erscheinen dieser ZieZoo-Ausgabe gerade mit ihrem Abschlussbericht fertig. Während sie ihr Projekt bei den Seekühen abschließt, sind andere Studenten in Burgers’ Mangrove noch an der Arbeit. So findet momentan eine Folgeuntersuchung über das Verhalten der Seekühe statt, die bis Juni 2018 läuft. Auch die Winkerkrabben stehen seit der Eröffnung von Burgers’ Mangrove unter wissenschaftlicher Beobachtung. Diese Zusammenarbeit bietet allen Beteiligten nur Vorteile: Wir können einer ausgewählten Zahl von Studenten in einem einmaligen Setting faszinierende Aufgaben für ihr Praktikum oder ihre Abschlussarbeit anbieten, und die angehenden Wissenschaftler helfen uns, die Entwicklungen in der Mangrove detailliert zu dokumentieren.
Noch kaum bekannt
Was in der Natur auf dem Rücken von Karibik-Manatis wächst, ist noch kaum bekannt. Seekuhkenner wissen nur, dass sich die Rückenfarbe und damit vermutlich auch die Zusammensetzung der Algenarten mit der Zusammensetzung des Umgebungswassers verändern. In freier Wildbahn wechseln Seekühe häufig zwischen Süß- und Salzwasser und viele Algen bevorzugen eines dieser beiden Milieus. Auch Seepocken heften sich gerne an die Haut von Seekühen. Wenn die Seekuh nach einem vorübergehenden Aufenthalt im Meer in einen Fluss zurückschwimmt, sterben die Seepocken ab und lösen sich dann wieder von der Haut.